Die serbische Esport-Organisation Zero Tenacity (ZT) hat offiziell ihren Rückzug aus der professionellen VALORANT-Szene bekannt gegeben. Dieser Schritt reiht sich in eine wachsende Liste von Teams ein, die sich in den letzten Monaten aus dem Titel zurückgezogen haben.
Die Entscheidung von Zero Tenacity
Zero Tenacity, bekannt für ihre Teilnahme an der VALORANT Challengers East: Surge League, gab ihren Ausstieg aus dem VALORANT-Esport bekannt. In ihrer offiziellen Mitteilung bedankte sich die Organisation bei ihren Spielern, Trainern und Fans für die Unterstützung und betonte, dass die Entscheidung nach sorgfältiger Überlegung getroffen wurde.
Weitere Organisationen verlassen VALORANT – ein Trend?
Zero Tenacity ist nicht allein in ihrer Entscheidung. Mehrere namhafte Organisationen haben in letzter Zeit ähnliche Schritte unternommen:
Acend Club: Der erste VALORANT-Weltmeister von 2021 zog sich aus dem Wettbewerb zurück und nannte die „feindliche Umgebung“ des Tier-2-Ökosystems als Hauptgrund. Lange Offseasons, geringe Preisgelder und hohe Spielergehälter machten den Betrieb eines Teams unhaltbar.
Disguised (DSG): Die von Streamer Jeremy „Disguised Toast“ gegründete Organisation verließ die VALORANT Challengers League SEA aufgrund von Exklusivitätsvereinbarungen mit der Streaming-Plattform SOOP, die das Co-Streaming ihrer Spiele verhinderten.
Bleed Esports: Das Team wurde von Riot Games aus der VCT Pacific League entfernt, nachdem es wiederholt gegen operative Anforderungen verstoßen hatte. Trotz Bemühungen, die Probleme zu beheben, konnte Bleed die Standards nicht erfüllen.
The Union: Trotz Erfolgen in der brasilianischen Challengers-Szene zog sich The Union zurück und kritisierte die geplanten Änderungen im Tier-2-Format, die es schwierig machten, langfristig zu planen.
Made in Thailand (MiTH): Die Organisation pausierte ihre VALORANT-Aktivitäten und verwies auf mangelnde Unterstützung und ein komplexes Auswahlverfahren als Gründe für den Rückzug.
Herausforderungen im Tier-2-Ökosystem
Ein zentraler Grund für den Rückzug von Zero Tenacity und vieler anderer Organisationen aus dem professionellen VALORANT ist die Vielzahl an strukturellen Herausforderungen im sogenannten Tier-2-Ökosystem. Diese zweite Ebene des kompetitiven VALORANT stellt eine essenzielle Brücke zwischen Amateur- und Topniveau dar – doch sie leidet zunehmend unter systemischen Schwächen, die es Teams schwer machen, langfristig zu planen und wirtschaftlich zu bestehen.
Ein besonders häufig genannter Kritikpunkt ist die unzureichende finanzielle Unterstützung für Tier-2-Organisationen. Während Riot Games die Topligen – also die VCT International Leagues – mit starkem Marketing, Sponsorenpräsenz und Zuschauerzahlen unterstützt, bleiben die regionalen Ligen in vielen Fällen finanziell auf sich allein gestellt. Die Preisgelder sind vergleichsweise niedrig, und es fehlen tragfähige Monetarisierungsmodelle wie Revenue Sharing, was dazu führt, dass Organisationen ihre VALORANT-Teams fast ausschließlich über Eigenkapital oder externe Sponsoren finanzieren müssen – ein zunehmend schwieriges Unterfangen in einem sich wandelnden Esportmarkt.
Hinzu kommt, dass viele Teams die langen Offseasons kritisieren, die sich negativ auf die Kontinuität des Spielbetriebs auswirken. Ohne regelmäßige Turniere oder Ligen verlieren Teams nicht nur den sportlichen Rhythmus, sondern auch ihre Sichtbarkeit bei Fans und Sponsoren. Für kleinere Organisationen, die sich kaum Medienreichweite außerhalb der Liga erarbeiten können, bedeutet das massive Einbußen an Präsenz und potenziellem Sponsoring.
Auch die Betriebskosten steigen immer weiter an, insbesondere im Hinblick auf Spielergehälter, Infrastruktur, Bootcamps und Coaching-Staffs. Um auf konkurrenzfähigem Niveau mitzuhalten, müssen Organisationen investieren – doch ohne ein stabiles Einkommen oder Aussicht auf sichere Aufstiegsplätze in die Topligen wird dieses Investment für viele zu einem unkalkulierbaren Risiko.
Ein weiterer Aspekt, der häufig zur Sprache kommt, ist das komplexe und schwerfällige Aufstiegssystem in das VCT-Ökosystem. Zwar existiert mit dem Ascension-Turnier ein klarer Mechanismus, um von der Challengers-Liga in die internationale VCT aufzusteigen, doch die Plätze sind stark limitiert, und nur wenige Teams schaffen diesen Sprung. Selbst erfolgreiche Organisationen, die in ihrer Region dominieren, können jahrelang in der Tier-2-Schleife festhängen – ohne Garantie auf Belohnung. Das erschwert nicht nur die Finanzierung, sondern demotiviert auch viele Spieler und Investoren, sich langfristig zu engagieren.
Zusammengenommen führen diese Faktoren dazu, dass immer mehr Teams – selbst mit vielversprechenden Lineups und starken Fan-Communities – den Rückzug antreten. Es ist ein stiller Alarm für Riot Games und die Esport-Welt: Wenn das Fundament bröckelt, kann auch die Spitze nicht stabil bleiben. Ohne strukturelle Reformen, verbesserte Förderung und transparente Perspektiven droht dem VALORANT-Esport eine Aushöhlung seiner Wettbewerbslandschaft – mit langfristigen Folgen für Talententwicklung, Fanbindung und die Glaubwürdigkeit der Szene.
Der Rückzug von Zero Tenacity aus dem VALORANT-Esport ist ein weiteres Zeichen für die Herausforderungen, denen sich Organisationen im aktuellen Esport-Ökosystem gegenübersehen. Ohne strukturelle Verbesserungen und stärkere Unterstützung für Tier-2-Teams könnte der Trend des Rückzugs weiterer Organisationen anhalten, was langfristig die Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit der Szene gefährden könnte.