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Sind E-Sport Fans mittlerweile viel zu verwöhnt?

Fans traditioneller Sportarten sind es gewohnt ihre Brieftaschen zu öffnen. „Das ist doch ganz normal“, wie viele Befragte meinen.... Daniel | Mai 26, 2020

Fans traditioneller Sportarten sind es gewohnt ihre Brieftaschen zu öffnen. „Das ist doch ganz normal“, wie viele Befragte meinen. Schlechte Werbung, überhöhte Ticketpreise, Ausfälle von Kameras mitten im Spiel und Pay-to-see-Pakete sind nur einige der Unannehmlichkeiten, die Sportfans jeden Tag ertragen müssen, um Sport überhaupt genießen zu können.

Im Vergleich dazu haben es E-Sports Fans relativ leicht. Sendungen können kostenlos angesehen werden, es gibt nur wenige Werbeunterbrechungen und das Corporate Branding hat sich (noch) nicht annähernd dem Niveau eines traditionellen Sportstadions angepasst.

Jason Lake (CEO von Complexity Gaming) hält es nicht für fair, E-Sports Fans als verwöhnt zu bezeichnen: „Ich glaube nicht, dass Spieler verwöhnt werden”, sagte Lake in einem Interview. „Ich denke es ist ganz normal zu erwarten, dass eine Generation mit kostenlosem Twitter, Instagram und YouTube Pay-per-View-Systemen von Natur aus abgeneigt ist. Esportunternehmen müssen dies verstehen und mit anderen Möglichkeiten eine Umsatzsteigerung erreichen.“ Ryan Friend, der Kopf von Rush B Media von Counter-Strike: Global Offensive, stimmt Lake zu, dass es nicht die Schuld der Fans ist, dass alles kostenlos ist.

„Wir sind verwöhnt, weil wir so viel Zugang zu kostenlosen Inhalten haben. Es ist nicht fair, Esportfans als verwöhnt zu bezeichnen, weil dieser Content schon immer kostenlos war. Die meisten E-Sport Fans sind selbst Zocker und haben übrigens auch nicht verlangt, dass mittlerweile alles kostenlos ist, es ist einfach so. Spiele wie zum Beispiel Fortnite, kann man sich kostenlos herunterladen und stundenlang daddeln. Gamer werden daher immer dagegen sein, für etwas zu bezahlen, das in der Vergangenheit kostenlos war. “

Die E-Sports Fangemeinde ist weltweit auf dem Höchststand

Andererseits verdienen Esportunternehmen nicht gerade viel Geld. Spielehersteller machen es ganz gut, aber Unternehmen wie etwa Turnierorganisatoren müssen etwas ändern, wenn sie langfristig nachhaltig sein wollen. „Eine der Optionen ist Pay-per-View, das für UFC verwendet wurde und ausführlich als Möglichkeit zur Umsatzgenerierung bezeichnet wird, die es in diesem Bereich derzeit einfach nicht gibt. Es geht nur um Marktkapitalisierung. Esportorganisationen versuchen zumeist mit Fans in Kontakt zu treten, um leidenschaftliche Fans zu gewinnen, aber das führt nicht immer zu Einnahmen. Demnach muss man die Strategie ändern.”

„Das Esportpublikum will und wird einfach nichts bezahlen”, sagte der Esportberater Rod „Slasher” Breslau gegenüber der Presse. „Der Versuch von MLG, während der StarCraft II-Tage ein Pay-per-View-Modell zu entwickeln, war zu dieser Zeit tatsächlich ziemlich innovativ. Es wurde versucht die Leute dazu zu bringen, direkt für das Turnier selbst zu bezahlen, damit es finanziert werden konnte.”

„Seitdem war das Esportpublikum abgeneigt – sogar feindselig – für irgendetwas zu bezahlen”, fuhr Slasher fort. „Es ist lächerlich, wenn Fans ständig fordern, dass alles kostenlos ist und dass dies für immer so bleiben kann. Fans müssen schließlich etwas bezahlen, um Ereignisse auf irgendeine Weise verfolgen zu können, egal ob es sich um ein Pay-per-View-Modell handelt oder um einen Pass, der vollen Zugriff bietet. Nur so kann E-Sports sich langfristig als richiger Sport bezeichnen.“

Der derzeitige E-Sport ist zwar nicht sehr nachhaltig, aber der massive Kapitalzufluss in den letzten Jahren ist vor allem ein Beweis für das Potenzial der Branche, sich stetig zu verändern und Wege zur Rentabilität zu finden.

„Ich denke das aktuelle Modell ist sehr gut – solange wir weiterhin Innovationen finden werden”, sagte Lake. Nach dem heutigen Stand brauchen wir andere Möglichkeiten, um diese Aktivität zu monetarisieren. Wie wir in der Vergangenheit bei Technologieunternehmen gesehen haben, ist es wichtig das Publikum möglichst groß werden zu lassen. Sobald eine bestimmte Zahl erreicht wurde, kann ein Prozentsatz dieser Zahl monetarisiert werden. Ich glaube, dass der Esport alsbald recht nachhaltig sein wird.“

„Der Trend Esports bewegt sich immer noch sehr schnell. Der Begriff Esports ist heutzutage praktisch ein Netzwerk von Startups, sagte Andy Miller, CEO von NRG Esports und Mitinhaber der Sacramento Kings in der NBA. „Esports ist eine Reihe brandneuer Ligen, die größtenteils die Modelle etablierter traditioneller Sportligen kopieren, die es schon lange gibt und die eine viel ältere Fangemeinde haben. Wenn wir nur versuchen, diese traditionellen Modelle zusammenzubringen, werden sie sich nicht gegenseitig selbst tragen. Wir müssen die Kooperationen an die Art und Weise anpassen, wie die Generation die Spiele sieht, selbst spielt und letztendlich die Inhalte konsumiert.“

„Ich glaube nicht, dass wir den traditionellen Sport perfekt nachahmen müssen, um erfolgreich zu sein”, stimmte Lake zu. „Es gibt hilfreiche Ansätze die man aus der Geschichte des traditionellen Sports ziehen kann, wie zum Beispiel Medienrechte zu Geld zu machen, aber dennoch werden E-Sports immer anders sein.Viele der Nachteile werden jedoch durch die Allgegenwart von Videospielen auf der ganzen Welt ausgeglichen.

Wir haben möglicherweise nicht so viele Ticketverkäufe wie die NFL, aber wir werden mehr globale Zuschauer haben, denn wie gesagt sind Videospiele überall auf der Welt beliebt. Wir müssen nur herausfinden, wie wir das Ganze richtig monetarisieren können.“

Werden E-Sports alsbald genauso wie richtiger Sport monetarisiert?

Echter Sport ist eng mit dem Kabelfernsehmodell vernetzt, während der E-Sport mehr mit sozialen Medien zutun hat. Mit der Zeit konnten Unternehmen wie YouTube, Facebook und Twitter eine Menge Geld verdienen, indem sie andere Einnahmequellen erschlossen. Das ist natürlich nicht über Nacht passiert. Twitter war bekanntermaßen ein Jahrzehnt lang mit Verlust unterwegs, bevor es 2019 seinen ersten Gewinn erzielte.

Esports befindet sich derzeit in einem ähnlichen Szenario: Hole dir erst Zuschauer und finde anschließend heraus, wie die Monetarisierung ablaufen soll. „Wir versuchen eng mit Entwicklern zusammenzuarbeiten, um die einzelnen Aspekte der digitalen Natur dieses Sports wirklich zu verstehen”, sagte Miller. „Die Umsätze werden irgendwann kommen. Ich denke zudem nicht, dass Esportfans faul oder verwöhnt sind, sie sind einfach anders. Echter Sport setzt seit vielen Jahren auf Mittel, die bisher relativ gut funktioniert haben. Es war zum Beispiel bisher immer eine große Sache, wenn der Vater mit BVB-Tickets nach Hause kam.

Heutzutage sieht das Ganze ein wenig anders aus. Man kann alles bekommen, was man will, wann man will, wo man will. Die alten Tricks der Sportindustrie funktionieren also nicht mehr so gut als Einnahmemodell.” Von Esportfans kann nicht unbedingt erwartet werden, dass sie für jeden Stream bezahlen – und von Esportorganisationen wird nicht erwartet, dass sie neue Groschen-Barrieren einführen.