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Männer vs. Frauen – ist Esport eine Männerdomäne?

Ein Blick auf die Top Teams des Esports reicht, um zu erkennen, dass die Damenwelt in der Esport Szene... Daniel | Dezember 10, 2020

Ein Blick auf die Top Teams des Esports reicht, um zu erkennen, dass die Damenwelt in der Esport Szene unterrepräsentiert sind. Doch warum ist das so? Fast die Hälfte aller Gamer sind weiblich, sodass Interesse am Zocken definitiv vorhanden ist. Unter den Profi Spielern finden sich aber nur selten weibliche Gamerinnen.

47 Prozent der Gamer sind weiblich

Im Jahr 2018 wurde der Jahresreport der deutschen Games-Branche veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass mit 47 Prozent fast die Hälfte aller deutschen Gamer weiblich sind. Nun möchte man meinen, dass auch die Hälfte aller bekannten Esportler weiblich sein sollten oder zumindest viele Damen auch in den Top Teams unterwegs sind. Weit gefehlt, denn ein Blick auf die bekanntesten und besten Esport Teams zeigt, dass dort vor allem Männer anzutreffen sind.

Frauen in der professionellen Gaming-Branche

Grundlegend scheint das Gaming für die Damenwelt genauso interessant zu sein, wie für die Herren. Doch warum sind sie im professionellen Esport trotzdem unterrepräsentiert? Dazu gibt es verschiedene Theorien.

  • Vorbilder: Natürlich steht die Esport Branche allen Geschlechtern gleichermaßen offen. Dennoch wird die Szene von Männern dominiert. Für viele Mädchen und Frauen ist eine „Karriere“ daher gar keine Option, weil ihnen Rollenbilder oder generell Vorbilder und Frauen, mit denen sie sich identifizieren können, fehlen.
  • Sexismus: Ein weiterer Punkt, der Frauen abschrecken könnte, ist die Angst vor Sexismus. Viele Frauen haben unter den männlichen Spielern bereits die Erfahrung gemacht, dass sie möglicherweise nicht nach Leistung, sondern nach Geschlecht beurteilt wurden. Spielt eine Frau schlecht, wird beispielsweise behauptet, sie spielt schlecht, weil sie eine Frau ist. Dass auch Männer schlecht spielen können und dass es rein auf die Fähigkeiten (und eben nicht auf das Geschlecht) ankommt, wird in dem Moment ausgeblendet.
  • Geschlechterrollen: In den meisten Gesellschaften wird den Frauen eine bestimmte Geschlechterrolle vorgelebt. Oft entwickelt sich dadurch das Gefühl, dass Frauen gar nicht an Computerspielen interessiert sein könnten. Es verfestigen sich Rollenbilder, die sehr stereotypisch sind. Auf diese Weise könnten sich Frauen in die Rollenbilder gepresst fühlen, obwohl sie grundlegend genauso interessiert am Zocken sind wie Männer.

Wie lassen sich die Probleme lösen?

Damit sich Frauen stärker von der Gaming-Branche angesprochen fühlen und sich dem Esport gegenüber öffnen, müssten gewisse Probleme beseitigt werden. Die Spieleindustrie muss Frauen – ebenso wie Männer – als Zielgruppe wahrnehmen und darauf Spiele und Angebote optimieren.

Durch sogenannte Role Models werden Frauen sichtbarer, sodass sich andere Frauen gedanklich damit beschäftigen, dass sie ebenso diese Rolle einnehmen könnten. Vereine können helfen, explizit Frauen anzusprechen.

Die Genderkompetenz muss zudem auch im Journalismus aktiver betrieben werden sowie Stereotypen aufgebrochen werden. Das bedeutet, dass Geschlechterrollen generell im Esport nichts zu suchen haben sollten, da es beim Gamen rein auf die Fähigkeiten ankommt. Diese wiederum können von Person zu Person – unabhängig des Geschlechts – unterschiedlich ausgeprägt sein und genau darauf sollten sowohl Mann als auch Frau reduziert werden, wenn es um den Esport geht.

Liegt es vielleicht an den Spielen?

Oft wird vermutet, dass die Gaming Statistik nur ausfällt, weil Frauen lieber Frauenspiele spielen, aber im Esport nur harte Games vorhanden sind. Das ist ebenso ein Vorurteil, denn natürlich zocken auch Frauen Dota 2, League of Legends, StarCraft und haben auch keine Hemmungen, bei Counter-Strike auf die Tasten zu hauen.

Spiele sollten nicht in Männerspiele oder Frauenspiele eingeteilt werden, sondern anhand der Fähigkeiten.

  • Strategisches Denken
  • Reaktionsfähigkeit
  • Disziplin

Diese drei Eigenschaften können sowohl bei Männern als auch bei Frauen gleichermaßen stark ausgeprägt sein. Es gibt im Grunde genommen keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.

Übrigens: Bereits Studien haben sich mit der Frage beschäftigt, ob Frauen schlichtweg die schlechteren Gamer sind. Die Antwort ist eindeutig. Nicht das Geschlecht entscheidet darüber, wie erfolgreich jemand beim Zocken ist, sondern die investierte Zeit. Frauen können demnach genauso begabt und erfolgreich sein wie Männer, sofern sie sich ebenso einsetzen.

Der Wettbewerbs-Gedanke

Eine Sache lässt sich jedoch nicht abstreiten. Auch der Wettbewerbs-Gedanke ist beim Esport stark ausgeprägt.

Hier liegen die Männer vorne, denn es liegt ihnen im Blut, gewinnen zu wollen. Das zeigt sich im Fußballstadion, aber auch beim Esport. Möglicherweise ist das einer der Gründe, warum Frauen zwar genauso Gaming-interessiert wie Männer sind, sich vom professionellen Esport aber weniger angezogen fühlen.

Teamhäuser erschweren geschlechterübergreifende Teams

Obwohl im Esport viele Frauen im Hintergrund arbeiten – oft auch in hohen Positionen – so wird die reine Bühne meist den Männern überlassen. Dadurch ergibt sich automatisch ein Rollenbild. Männer oder Jungs werden zu Vorbildern und für Mädels fehlen diese Vorbild-Charaktere.

Sollte dennoch eine Frau oder ein Mädchen in einem professionellen Esport Team landen, so kommt ein weiteres Problem. Nicht selten ist es üblich, dass die Spieler eines Profi Teams in sogenannten Teamhäusern trainieren. Dabei leben sie auch zusammen und müssen mit wenig Privatsphäre auskommen. Gleichzeitig schlafen sie in Zimmern mit zwei oder drei Spielern. In einem Fünferteam mit einer Frau könnte das durchaus wieder Probleme mit sich bringen.

Auch die Probleme untereinander sind nicht zu ignorieren. Bei Jugendlichen und Erwachsenen, bei denen Männer und Frauen in einem Team spielen, kann es früher oder später auch zu romantischen Gefühlen kommen. Läuft alles gut, so läuft es auch im Team – doch was ist, wenn Streit und Trennung im Raum stehen? Dann leidet die Gruppendynamik, weshalb viele Esport Manager überhaupt keine Frauen ins Team aufnehmen wollen.

Die Alternative sind reine Mädels Teams

Eine mögliche Alternative, um die Probleme zumindest zu begrenzen, sind rein weibliche Esport Teams. Es gibt bereits einige Frauenteams im Esport, jedoch leidet hier ein anderer Aspekt. Viele dieser Teams haben Probleme, Sponsoren zu finden oder erhalten schlechtere Preisgelder. Auch hier muss vor allem die Spieleindustrie nachziehen und den Frauenteams eine ebenso große Plattform einräumen, denn nur so ließe sich das Rollenbild auflösen und weitere Mädels anziehen.

Noch idealer wäre es, wenn geschlechtsspezifische Turniere vollkommen aufgelöst werden. Anders als bei körperlichen Sportarten, so können Frauen beim Esport ohne Probleme genau die gleichen Leistungen wie ihre männlichen Kollegen erbringen. Eine geschlechtsspezifische Unterteilung wäre daher eigentlich nicht nötig.

Wie man sieht: Kein einfaches Thema, welches sich auch definitiv nicht in wenigen Sätzen erklären lässt. Frauen haben allgemein großes Interesse am Gaming – statistisch gesehen fast genauso viel Interesse wie Männer. Beim Esport sind sie stark unterrepräsentiert, was verschiedene Ursachen haben könnte.

Quellen:

https://www.game.de/wp-content/uploads/2018/08/Jahresreport-der-deutschen-Games-Branche-2018.pdf

https://www.esportwissen.de/philosophie/

https://www.lernen.net/artikel/esport-pro-gamer-7985/

https://www.sueddeutsche.de/sport/esport-games-frauen-1.4550451

https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.3200/GENP.131.2.151-158

https://www.welt.de/icon/partnerschaft/article207281073/Warum-es-weniger-Frauen-im-E-Sport-gibt.html