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Der Fall Laterious und das große Problem der T2 Szene

Organisationen sind ein wichtiger Teil unserer Esport-Landschaft. Sie sorgen sich dafür, dass die Spieler sich auf das Spielen konzentrieren... Alex | Juni 19, 2023

Organisationen sind ein wichtiger Teil unserer Esport-Landschaft. Sie sorgen sich dafür, dass die Spieler sich auf das Spielen konzentrieren können, kümmern sich um Community-Arbeit und haben alle Termine im Blick – zumindest im Idealfall.

Der Laterious-Fall zeigt, dass es schwarze Schafe gibt. Wir wollen in diesem Artikel diskutieren, wie es zu solchen Zwischenfällen kommt, wie man frühzeitig Warnsignale erkennt und Risiken klein halten kann.

Die Laterious Situation

In der Off-Season Anfang des Jahres hörten wir überraschenderweise von WAVE Esports Teamauflösung. Stattdessen wurde ein neues Team unter dem Namen TBD gegründet. Die Jungs begannen den ersten VCL DACH Split ohne Organisation zu spielen. Bis man irgendwann im März Kontakt mit Laterious aufnahm. Am 25. März verkündete Laterious auf Twitter das Signing des Mixed-Teams TBD.

Überraschenderweise änderte sich einiges am Roster. Vom TBD Main Roster blieben nur Click und jkR übrig. Kicks und Seider spielten davor in der VCL NE Polaris miteinander. Nikoluk hat man sich von AEX-1 geschnappt. Die Jungs spielten einen kuriosen Split. Fünf Unentschieden spielte man in Folge.

Doch nicht nur mit den unglücklichen Ergebnissen auf den Servern wurden die Spieler geplagt. Gus, Laterious’ Social Media Manager zu der Zeit, erzählt in einem Twitlonger, wie Nexz, der Teambesitzer, davon schwärmte, dass er die Motivation, das Geld und die Kontakte hat, das Team groß aufzuziehen. Laut ihm wuchs das Team im rasanten Tempo.

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Dann war es an der Zeit, die Reichweite zu monetarisieren und die Probleme wurden sichtbar. Die versprochenen Kontakte waren um einiges weniger persönlich, als Nexz es klingen ließ. Er hatte vor allem einen Haufen von öffentlichen ([email protected]) Emails. Gus gesteht ein, dass man hier einen Schlussstrich hätte ziehen müssen, aber er vertraute dem Versprechen, am Ende doch noch bezahlt zu werden.

VetrezZ, der Performance Coach des Teams, geht genauer auf die problematische Geldsituation ein. Laut ihm warten mindestens drei Spieler auf ihr erstes Monatsgehalt. Zwei Spieler hätten ein einziges erhalten. Als die Verzögerungen zunahmen, fingen die Spieler an auf das Geld zu bestehen. Wieder gab es Ausreden und lose Versprechungen, bis Nexz irgendwann komplett aufhörte zu antworten. VetrezZ und die Spieler begannen nachzuforschen, wo der Teambesitzer geblieben ist. Sie fanden heraus, dass er seinen LinkedIn-Account und die Webseite gelöscht hat.

Spätestens dann war klar: der Nexz hat sich in Luft ausgelöst und auf dem fehlenden Geld bleiben alle Beteiligten wohl sitzen. Geld war jedoch nicht die einzige Sorge des Teams. Laterious hat ihren VCL DACH Spot über Riot bekommen. Demnach gehöre der Platz dem Team, oder genauer gesagt dem Teambesitzer. Das würde bedeuten, ohne Nexz haben die Spieler keinen VCL DACH Slot und sind gezwungen, getrennte Wege zu gehen.

Lektion für uns alle

Der Fall Laterious sollte eine Lektion für uns alle sein. Es muss nicht jeder dieselben Fehler machen, um daraus zu lernen. Wir haben ein grundlegendes Problem in der Szene, insbesondere in der T2-Szene. Die Community ist ein unglaublich hohes Maß an Professionalität gewohnt und das stellt die Spieler in eine schwierige Situation. Die zumindest Semi-Profis investieren vergleichbar viel Zeit in das Training und die Vorbereitung wie Vollzeit-Profis, aber können durch die kleinere Reichweite, die ein T2-Circuit mitbringt, nicht mit derselben finanziellen Freiheit rechnen.

Genau durch diese Situation finden Leute wie Nexz Zugang in unsere Szene. Niemand kann es den Spielern krumm nehmen, dass sie die attraktiven Angebote in Erwägung ziehen. Viel mehr sollte es Strukturen geben, die den Spielern dabei helfen, gute Entscheidungen zu treffen. Wenn Riot bereits involviert ist, wenn es um VCL Lizenzen geht, wäre es doch absolut denkbar, dass jede neue Organisation im Zuge dessen auf Echtheit geprüft werden würde. Wir reden hier von einer Hand voll Organisationen in einem Halbjahres-Rhythmus. Man würde einiges an Professionalität gewinnen und der Aufwand wirkt auf den ersten Blick überschaubar.

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Ein weiteres Problem worauf die jungen Spieler stoßen, ist die fehlende Übersicht über die Szene. Es gibt gute Organisationen, die selbst unsicher sind, mit welchen Spielern sie zusammenarbeiten können. Es ist offensichtlich, dass an dieser Stelle ein Bindeglied fehlt. Vielleicht müsste es einfach nur eine Plattform geben, die sich genau darauf spezialisiert und auf die man sich als Szene einigen würde.

Das wahrscheinlich größte Problem eines Spielers sind Verträge. Immer wieder hört man von schwammigen Verträgen im Esports und nicht eingehaltenen Absprachen. Die Dunkelziffer wird sicherlich höher sein, als das, was man ohnehin in die Richtung hört. Natürlich kann man von den jungen Spielern nicht erwarten, dass sie die Rechtslage perfekt drauf haben, oder einen persönlichen Agenten haben, der sich um alles kümmert. Aber wir haben Player Agencies. Sie sind es, die sich auskennen. Viele Spieler sind bereits Teil von Player Agencies wie F1. Hier könnte und müsste man ansetzen. Hätten sie die finanziellen Mittel genügend Leute einzustellen, um alle VCL Spieler zu beraten, hätten zwielichtige Organisationen keine Chance Unfug zu treiben.

Schlusswort

Am Ende können wir darauf einigen, dass es viele Baustellen in der T2-Szene gibt. An einigen ist Riot Schuld, an anderen die Community und manchen die Spieler selbst. Das Problem ist das große Gegeneinander. Es wird oft nicht an einem Strang gezogen. Wir haben viele erfahrene Leute in der Szene, aber sie sind nicht in den Positionen, wo sie ihre Erfahrung für das Allgemeingut einsetzen können. Der Artikel soll auch ein Appell an jeden sein, der vor ein paar Wochen geschrieben hat “war ja klar” und “es ist nicht alles Gold was glänzt”. Nutzt euer Wissen und eure Erfahrung und schützt unsere Spieler. Ohne Nachwuchs kann es auf Dauer keine Szene geben und das wollen wir alle verhindern.