Ihr wolltet schon immer wissen, was hinter den Kulissen der großen Influencer abgeht? In den letzten Jahren konnten wir miterleben, wie sich das Verhältnis zwischen Personen des öffentlichen Lebens und ihren Fans ziemlich stark verändert hat. Influencer, insbesondere diejenigen die streamen, geben ihren Communities die Möglichkeit an ihrem Leben teilzuhaben und sorgen dafür, dass Fans (bzw. Zuschauer) sich so verbunden mit ihren Idolen fühlen wie noch nie.
Für den einen oder anderen mag das Leben dieser Influencer und Streamer recht sorglos und stressfrei wirken, doch in Wirklichkeit bedarf es einiges an organisatorischer Arbeit, um das Leben dieser Personen zu managen. Lena Nießen, Gründerin und Geschäftsführerin der Künstleragentur ‘newbase’, widmet ihr Leben dem Artist Management. Unter anderem managed ‘newbase’ deutsche Größen wie Papaplatte und die Space Frogs. Wir haben mit Lena über ihren Werdegang gesprochen und haben spannende Eindrücke in die Influencer Management Branche bekommen.
Es ist nicht alles Gold was glänzt
Fragster: Damit die Leser dich kennenlernen, kannst du uns kurz erzählen wie du zum Influencer Management gekommen bist?
Lena: Ich habe mich schon länger für Online-Medien und Social Media interessiert und bin vor acht Jahren bei einem YouTube-Netzwerk im Artist Management in die Branche gestartet. Schnell habe ich gemerkt, dass mir die Kombination aus Organisation, Kreativität und Empathie sehr liegt, und ich habe nach kurzer Zeit die Leitung des Gaming-Bereichs übernommen. Der Job hat eine Leidenschaft in mir geweckt, von der ich nie gedacht hätte, sie in einem Job finden zu können.
Fragster: Welche 3 Dinge muss jeder, der in deiner Branche anfängt, wissen?
Lena: Es ist nicht alles Gold was glänzt. Es gibt viele ‘Expert:innen’, die keine sind. Künstler:innen mit augenscheinlich großer Reichweite können diese gekauft haben. Kund:innen können unter falschen Vorzeichen Vorteile für ihre Anfragen rausschlagen wollen.
Nicht jede:r ist Konkurrenz. Arbeite mit deinen Branchen-Mitmenschen, nicht gegen sie, und finde deine Verbündeten, um von- und miteinander zu lernen. Hab keine Angst vor Fehlern. Wenn du welche machst – sprich sie offen an und lern daraus.
Fragster: Was würdest du anders machen, wenn du jetzt in deiner Branche anfangen würdest?
Lena: Von Beginn an stärker selektieren in welche Personen ich meine Zeit investiere und mehr auf mein Bauchgefühl hören.
Kein Tag ist wie der Andere
Fragster: Wie sieht eigentlich ein typischer Tag als Influencer Managerin aus?
Lena: Kein Tag ist wie der andere, aber wenn ich es zusammenfassen müsste, wäre es wie folgt: Am Anfang des Tages bespreche ich die wichtigsten Projekte und Updates mit meinem siebenköpfigen Team. Anschließend werden die Mails gescreent, priorisiert und bearbeitet. Zwischendurch gibt es Calls mit unseren Brand- und Agentur-Partner:innen und die Update-Calls mit unseren Künstler:innen, in denen wir ihren Content, die Projekte und Kampagnen besprechen. Falls es Kampagnen-Uploads auf den Kanälen unserer Künstler:innen gibt, werden diese gemeinsam vorbereitet und gepostet. Zu diesen klassischen Agentur-Tagen kommen sehr häufig, teilweise mehrmals die Woche, noch Events, Drehs oder besondere Projekte hinzu.
Fragster: Du bist nach mehreren Stationen Geschäftsführerin und Gründerin deiner eigenen Firma ‘newbase’ geworden, was hat dich dazu inspiriert?
Lena: Da ich bei mehreren Agenturen den Aufbau des Artist Managements von Anfang an begleitet und mitgestaltet habe, kam für mich irgendwann der Punkt, an dem ich die gewonnene Erfahrung für meine eigene Vorstellung eines Managements einsetzen wollte. Als 2020 Kevin aka. Papaplatte, der damals schon ein langjähriger Freund von mir war, auf mich zukam, hat es sich einfach richtig angefühlt, so als wäre der passende Zeitpunkt gekommen, gemeinsam diesen Schritt zu gehen.
Fragster: Was waren die größten Challenges bei deiner Gründung und im Anschluss?
Lena: Die größte Challenge war es über den eigenen Schatten zu springen. Ich hatte den Gedanken schon häufiger im Hinterkopf, habe aber immer Gründe gesucht, weshalb es noch nicht der richtige Zeitpunkt gewesen ist. An sich selbst zu glauben und sich nicht von dem ‘was wäre wenn’ abhalten zu lassen, war schon ein Sprung ins kalte Wasser. Ab dem Moment, an dem ich mich dafür entschieden habe, habe ich jedoch keine Sekunde daran gezweifelt, dass es der richtige Schritt war.
Im Anschluss war die größte Challenge meine eigenen Ressourcen. Mit meinen Künstlern:innen planen wir sehr vielseitige Projekte, Produkte und Events, die aber aufgrund des Aufwands nicht alle gleichzeitig realisierbar sind. Das passende Zeitmanagement für meine Künstler:innen, Mitarbeiter:innen und mich zu finden, die am liebsten alles gleichzeitig umsetzen wollen würden, war am Anfang eine Herausforderung.
Es geht um die Kunst und den Menschen hinter dem Künstler
Fragster: Wie bestimmt man eigentlich den “Wert” eines Influencers oder einer Kampagne?
Lena: Der ‘Wert’ einer Kampagne wird über die Reichweite der Künstler:in, den Produktionsaufwand, die Laufzeit, die Plattform und den Umfang der Ausspielung der Kampagne berechnet. Den ‘Wert’ einer Künstler:in zu bestimmen ist etwas Komplexer. Die Qualität und Frequenz des Contents, die Brand safety, die Bekanntheit und Authentizität, die Zielgruppe (Demographie und Interessensgebiete) und Reichweite spielen eine Rolle.
Fragster: Wohin wird sich Influencer Marketing deiner Meinung nach in den nächsten 10 Jahren entwickeln?
Lena: Es wird sich immer konkreter auf einzelne Künstler:innen spezialisieren. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Künstler oder Künstlerin, bei der/dem man sich auf die qualitative Steigerung des Contents, Brand Building, Produkte rund um die Creator:in, etc. konzentriert. Es geht nicht nur um Vermarktung, es geht um die Kunst und den Menschen hinter dem Künstler oder der Künstlerin.
Fragster: Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß und was ist am nervigsten?
Lena: Jeden Tag mit Menschen zu verbringen, die mir am Herzen liegen, und mit ihnen gemeinsam unsere kreativen Träume auszuleben, wofür ich sehr dankbar bin. Klingt kitschig, trifft es aber tatsächlich am besten. Am nervigsten ist natürlich der Papierkram, bei dem ich aber tollen Support im Team habe.
Falsche ‘Experten’ schaden der Branche
Fragster: Wenn du die Entwicklung der deutschen Influencer Szene in den letzten Jahren betrachtest, was fällt dir positiv und negativ auf?
Lena: Positiv aufgefallen ist mir, dass die Branche sich diversifiziert. Die verschiedenen Genres und Künstler:innen bekommen die Plattform und eine Stimme, die den Zuschauern die Möglichkeit gibt Communities zu entdecken, denen sie sich zugehörig fühlen ohne mit Vorurteilen und Schubladen konfrontiert zu werden.
Negativ fällt mir auf, dass in den letzten Jahren viele ‘Expert:innen’ in der Branche aufgetaucht sind, die ihr ‘Wissen’ lautstark nach außen tragen, was inhaltlich sehr häufig veraltet, ineffizient oder falsch ist. Diese Personen schaden der Branche damit nachhaltig, da sie ein falsches Bild nach außen vermitteln.
Fragster: Wenn du eine Sache in deiner Karriere anders machen könntest, was wäre das bzw. gibt es einen Fehler, den du bereust?
Lena: Anders machen würde ich nichts, da jeder Schritt – sowohl positiv als auch negativ – mich an die aktuelle Position gebracht hat. Wenn ich einen Punkt nennen müsste, wäre es von Beginn an mehr Vertrauen in mein Bauchgefühl zu haben.