In der schnelllebigen und oft finanziell anspruchsvollen Welt des Esports stellt Crowdfunding eine zunehmend beliebte Alternative dar, um Spielern und Teams das Überleben – oder sogar den Aufstieg – zu ermöglichen. Besonders im Semi-Professional- und Amateurbereich zeigt sich immer öfter: Ohne die Unterstützung der Community geht nichts mehr. Ein aktuelles Beispiel kommt aus der Call of Duty Challengers-Szene in Europa – aber es ist kein Einzelfall.
Der Fall Call of Duty Challengers: Hilfe für ein französisches Team
Vor wenigen Tagen geriet ein europäisches Call of Duty Challengers-Team bestehend aus den Spielern Mighty, Melko, Nadox und Syqz in finanzielle Schieflage. Der Grund: Ein Sponsor sprang kurzfristig ab – und plötzlich standen die Reisekosten für die Teilnahme am prestigeträchtigen Dallas Open in den USA im Raum. Um nicht aufgeben zu müssen, wandte sich das Team gemeinsam mit der Community-Plattform „The Pit“ an die Öffentlichkeit: In einer Crowdfunding-Kampagne sollten 2.200 € gesammelt werden.
Die Reaktion der Community war überwiegend positiv. Fans und Unterstützer der europäischen Call of Duty-Szene spendeten großzügig – und die britische Organisation Mission Magpies sprang ein, um die Unterkunftskosten zu übernehmen. Doch es gab auch kritische Stimmen, die Crowdfunding in diesem Zusammenhang als „Notlösung ohne Zukunft“ abtaten. Das Team ließ sich davon nicht entmutigen. Vielmehr zeigt der Fall, wie wichtig Community-Unterstützung in einem System ist, das längst nicht für alle Akteure ausreichend finanzielle Stabilität bietet.
Crowdfunding hat im Esport Tradition
Obwohl man Crowdfunding mit Start-ups oder kreativen Projekten verbindet, ist es im Esport kein neues Konzept. Bereits 2013 führte Valve für das Dota 2-Turnier The International das sogenannte „Compendium“-System ein. Spieler konnten digitale Inhalte kaufen, wobei ein Teil der Einnahmen direkt in den Preisgeldpool floss. Mit diesem Modell wurde der Preispool von Jahr zu Jahr größer – 2021 erreichte er über 40 Millionen Dollar.
Auch andere Titel, wie Apex Legends, griffen auf Crowdfunding zurück. Bei der ALGS Championship 2021 wurde der ursprüngliche Preispool von 1 Million USD dank Community-Unterstützung auf mehr als 2,5 Millionen USD erhöht. In Rainbow Six Siege oder Smash Bros. Melee existieren ebenfalls erfolgreiche Beispiele, bei denen Fans durch Spenden Events oder Turnierteilnahmen ihrer Lieblingsspieler ermöglichten.
Organisationen gehen den gleichen Weg
Nicht nur Spieler oder kleine Teams nutzen Crowdfunding. Auch namhafte Organisationen setzen auf die finanzielle Beteiligung ihrer Community. Fnatic sammelte 2020 über 2 Millionen Pfund durch eine Crowdcube-Kampagne. Das Ziel: Die Organisation weiterzuentwickeln, Infrastruktur auszubauen und neue Talente zu fördern. Die italienische Organisation QLASH wiederum erreichte über die Plattform Seedrs eine Finanzierung von mehr als 1,2 Millionen USD, um ihre Markenpräsenz auszubauen.
Diese Kampagnen machen aus Fans mehr als nur Zuschauer – sie werden zu Investoren, die emotional wie auch finanziell in das Schicksal eines Teams involviert sind. Gerade in Zeiten, in denen traditionelle Sponsoren zurückhaltender agieren, ist diese direkte Fanbindung ein strategischer Vorteil.
Warum ist Crowdfunding heute wieder so relevant?
Der Esport hat sich professionalisiert – doch diese Entwicklung betrifft in erster Linie die Top-Ligen und Major-Organisationen. Im Unterbau – bei Amateur- und Semiprofi-Teams – fehlt es oft an Preisgeldern, Sponsorendeals und struktureller Förderung. Gleichzeitig steigen die Kosten für Reisen, Turniereinladungen oder Bootcamps. Crowdfunding schließt hier eine Lücke.
Auch das gesellschaftliche Klima spielt eine Rolle. In einer Zeit, in der Twitch-Streamer mit „Subathon“-Konzepten mehrere Millionen Dollar verdienen können, ist der Gedanke, dass die Community aktiv in die Entwicklung „ihres“ Teams eingreift, längst etabliert.
Crowdfunding im Esport ist kein Allheilmittel – aber es ist ein Werkzeug, das funktioniert. Es bietet jungen Talenten eine Plattform, um sich trotz finanzieller Hürden zu beweisen, und es zeigt eindrucksvoll, wie sehr die Esport-Community bereit ist, in „ihre“ Szene zu investieren. Der Fall des französischen Call of Duty Challengers-Teams ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.
Ob als temporäre Lösung oder langfristiger Bestandteil der Esport-Finanzierung: Crowdfunding wird in Zukunft wohl noch häufiger zur Anwendung kommen. Und vielleicht – wer weiß – liegt in diesem direkten Draht zwischen Spieler und Zuschauer sogar der Schlüssel für eine nachhaltigere Esport-Welt.